Ausgleich von Aktivität und Ruhe - Die 20-Minuten-Pause (Alpha, 15./16. März 2003)

Übermüdung und Stress verursachen enorme soziale Kosten sowie Defizite an Arbeits- und Lebensqualität. In der bewussten und gezielten Ruhe auch während der Arbeitszeit liegt der Schlüssel zum Lebenselixier.

von Fredi Rudorf (*)

Die heutige Arbeitswelt leidet unter Belastungszuständen, welche die angestrebte Effizienzsteigerung in ihr Gegenteil kippen. Geistig-psychische Dauerbelastung unter extremem Zeit- und Kostendruck führt in einen physiologisch übererregten Anspannungszustand, der nicht nur in chronischem Stress endet, sondern auch die Sensibilität für die eigene Erholungsbedürftigkeit herabsetzt. Die Folgen von chronischer Übermüdung und Stress kosten unsere Volkswirtschaft alljährlich 4,2 Mia. Franken. Hinzu kommen indirekte Folgen wie Krankheitsanfälligkeit, Depression und Suizid sowie geringere Lebensqualität und schwindende Glücksfähigkeit. Namentlich Manager und Kaderleute sind meist überarbeitet und haben im Zustand grösster Übermüdung weitreichende Entscheide zu fällen.

<h2>Schlafverschuldung bei innerer Bank</h2>

Der Notstand in unserer Erwerbsarbeit entsteht nicht nur tagsüber. Wer nur 6 Stunden oder weniger schläft (und erst noch stolz darauf ist!), gerät in einen Zustand chronischer Übermüdung und häuft bei seiner "inneren Bank" Schlafschulden an. William C. Dement, ein Gründervater der modernen Schlafmedizin, hat den Zusammenhang belegt zwischen dauernder Schlafverschuldung und Krankheiten/verkürzter Lebenszeit. Die innere Bank tilgt diese Art Verschuldung nicht einfach so grosszügig, wie wir meinen, sondern präsentiert uns die Rechnung. Etliche grosse Katastrophen gehen eindeutig auf Übermüdung zurück: die Havarie des Öltankers Exxon Valdez, die Explosion der Weltraumfähre Challenger, die Desaster von Tschernobyl und Bhopal, das Feuerinferno im Mont Blanc-Tunnel. Und kleinere Katastrophen ebenfalls: Verkehrsunfälle nach Sekundenschlaf, Fehlleistungen aus unkonzentrierter Arbeit. Die entscheidende Facette des Problems liegt indessen darin, dass wir um diese Zusammenhänge im Tiefsten wissen oder sie jedenfalls erahnen, dass wir aber kaum je erörtern, was denn eigentlich normal wäre - dies nicht im Sinn von üblich, sondern von richtig und gut: Die Menschen arbeiten kompetent und zuverlässig, kreativ und effizient, nahezu fehler- und unfallfrei, und sie gestalten ihre Arbeit und ihr Umfeld so, dass alle tagtäglich unbändige Lebensfreude geniessen können, gelassen, wohl und klar, mit Zeit im Überfluss.

<h2>Ruhe- und Aktivitätszyklus</h2>

Die Wissenschaft der Chronobiologie beobachtet seit langem, dass der Mensch durch eine Vielzahl biologischer Rhythmen beeinflusst wird. Hierzu gehören die vier Jahreszeiten, der Zyklus der Menstruation (Mond-Monat), Tag und Nacht. Hier ist die Rede von den Wellen und Zyklen, die mehrmals täglich auftauchen: die ultradianen Rhythmen. Die Schlüssel-Entdeckung der Chronobiologen war, dass der Mensch mit seinen wichtigen seelisch-körperlichen Systemen der Selbstregulierung genetisch auf einen ultradianen Ruhe- und Aktivitäts-Zyklus programmiert ist, der sich alle 90 bis 120 Minuten wiederholt. Während der aktiven Phase werden die Energiespeicher aufgebraucht. Hernach ist der Körper damit beschäftigt, die Energievorräte wieder aufzubauen. Gleichzeitig wendet sich unser Geist nach innen, d.h. er verarbeitet unbewusst Ereignisse aus der Vergangenheit und leitet daraus neue Erkenntnisse und Bedeutungen ab. Diese Phase dauert 15 bis 30 Minuten. Der Psychobiologe und Hypnotherapeut Ernest Lawrence Rossi nennt sie die "ultradiane Heilreaktion".

<h2>"Nichts" in der Agenda</h2>

Wir haben nun die Wahl, diese uns von der Natur gegebene Möglichkeit der Regenration zu ignorieren und mittels Kaffee auszutricksen oder unsere natürlichen, angeborenen Rhythmen wieder zu entdecken. Wer diesen folgt, dreht das Rad der Entwicklung nicht zurück, sondern vorwärts. Der Initiant der Firma Ruhe&Aktivität, Bernhard Brändli-Dietwyler, hat die genannten Forschungsergebnisse zusammengefasst und zur Lösung weiterentwickelt: "Operiere am Limit - souverän und langfristig! Damit ist nicht die übliche Erschöpfungsgrenze gemeint, sondern die Obergrenze Ihrer Kompetenz. Das Wundermittel dorthin ist den Besten und Mutigsten vorbehalten, die es wagen, eine gültige Doktrin aufzukünden. Das Wundermittel heisst: Sie streichen in Ihrer Agenda Überflüssiges und Halbherziges und ersetzen es - mit "Nichts"! Nämlich: alle 90 bis 120 Minuten sich auf eine Matte oder einen Teppich legen, nach einigen tiefen Atemzügen die Augen schliessen uns sich in einen Zustand von Halbwachheit sinken lassen. Der ultradiane Rhythmus sorgt nach einiger Übung dafür, dass die ruhende Person etwa 20 Minuten später regeneriert aufsteht, hellwach, kreativ und effizient, leistungswillig und aufs Wesentliche konzentriert.

<h2>Mehr Leistung in weniger Zeit</h2>

Die erprobte und verblüffende Wirkung dieser Lösung ist, dass die Menschen, welche sich regelmässig diese echte Pause gönnen, zudem genügend schlafen (mind. 8 Stunden) und sich auch mal einfach treiben lassen (Dolce far niente), dafür keine zusätzliche Zeit benötigen, im Gegenteil: Dank erhöhter Konzentration und Umsicht leisten sie in weniger Zeit mehr, "mit links". Fehlleistungen und Fehltage verringern sich, und der Lebensgenuss steigt - garantiert! Diese Art Pause ist zudem ein beglückendes Erlebnis an sich. Gleichzeitig sind solche Menschen liebevolle, engagierte Väter und Mütter, weil ihr Gemüt zur Quelle zurückgefunden hat. Sie haben Zeit - für das Wesentliche.

<h2>Echtes Erholungsmanagement</h2>

Ruhe&Aktivität betreibt in Zürich einen öffentlichen Ruheraum ("Restpoint") und bietet Firmen, Verwaltungen und Organisationen, welche sich zu echtem Erholungsmanagement und damit zu einem Marktvorteil entschlossen haben, Beratung, Schulung und Projektbegleitung an.

(*) Fredi Rudorf ist einer der Projektleiter der Firma Ruhe&Aktivität in Zürich. f.rudorf@ruhe-akivitaet.ch; www.ruhe-aktivitaet.ch